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Interview mit Valentino

Eingestellt von Benjamin Ünal am 28.4.2023

© Stadtteilbüro/Benjamin Ünal, Mark Gronnenberg

Redaktion: Wie sind Sie zu den Puppen gekommen?
Was hat Sie dazu gebracht?
Mit wie viel Jahren haben Sie damit angefangen?

Stefan Hoppe: Mein Vater war Puppenspieler, der hat 1957 angefangen und damit bin ich groß geworden. Ich sollte kein Puppenspieler werden - aber wie die Jugend mal so ist. Im Alter von 12 Jahren gab ich meine erste Vorführung in Oersberg (Schleswig-Holstein). Ich hab das Reisen geliebt, ich habe den Kontakt zu den Menschen geliebt und bin dann doch Puppenspieler geworden. Mit 18 hatte ich meinen eigenen Gewerbeschein und habe angefangen öffentlich aufzutreten. In Oersberg habe ich vorher 30 Jahre gelebt.

Ich habe auch ausländische Gastspiele in Bologna auf Italienisch aufgeführt.

Redaktion: Deswegen wahrscheinlich auch dieser italienischer Name?

Stefan Hoppe: Ich bin früher unter meinen Namen Stefan Hoppe Puppentheater, Ostsee-Kasper und weiteren Namen unterwegs gewesen. Dann war ich für einige Jahre in Italien und habe überlegt, welchen Namen gebe ich meiner Bühne und in Anlehnung an „Karl Valentin“ habe ich dann einfach „Valentino“ genommen, auch „Valentino-Zuckerbude“.  Den Namen konnte und kann man sich sehr gut merken. Aber kaum einer meiner Kunden kennt meinen wirklichen Namen – wenn man mich sieht, sagt man: „Valentino kommt!“

Redaktion:: Haben Sie immer mit dem Puppentheater ihr Brot verdient?
Oder machen Sie beruflich noch was anderes bzw. haben Sie zwischenzeitlich was anderes gemacht?

Stefan Hoppe: Meine Eltern wollten ja eigentlich nicht, dass ich Puppenspieler werde, also musste ich eine Ausbildung machen. Diese habe ich auch dann zum Klempner und Dachdecker erfolgreich abgeschlossen.

Bin aber in den Jahren von Herbst bis Frühling mit dem Puppentheater losgegangen und sonst habe ich Dachdeckerarbeiten ausgeführt.

Redaktion: Immer in Eigenregie oder auch z.B. von Jugendzentren engagiert?

Stefan Hoppe: Ja. Ich habe 20 Jahre nur in Eigenregie gearbeitet. Schulen besorgt, Saal besorgt und gemietet, Stadtteile, Jugendzentren, Kindergärten was auch immer. Vor 10 Jahren habe ich das Tourneegeschäft eingestellt, als ich hier nach Ahlen kam. Hier lernte ich Hermann Huerkamp und auch Vertreter der Stadt Ahlen kennen. Dadurch habe ich hier Fuß gefasst und habe heute mehr zu tun als damals – ich bin ausgebucht für dieses Jahr und man bucht mich schon für 2024!

Redaktion: Mit wie vielen Puppen haben Sie angefangen?
Wie viele Puppen haben Sie jetzt?

Stefan Hoppe: In der Regel spiele ich mit etwa zehn Figuren.

Redaktion: Werden Sie beim Spielen unterstützt?

Stefan Hoppe: Nein. Ich spiele immer alles alleine. Natürlich muss ich dann die Figuren immer wechseln.

Redaktion: Wenn Sie die Zeit zurück drehen könnten, würden Sie nochmal diesen Weg einschlagen?

Stefan Hoppe: Ja, sofort. Allerdings würde ich direkt da angefangen, wo ich jetzt bin. Es ärgert mich schon, dass ich nicht 10 Jahre vorher nach Ahlen gekommen bin. Ich würde allerdings einem jungen Mann ohne Erfahrung nicht raten Puppenspieler zu werden. Ohne diese Kontakte und ohne das Wissen kannst du heute kein Puppentheater mehr spielen.

Redaktion: Ist das Puppentheater in Deutschland eine regionale Sache?

Stefan Hoppe: Das Kasperletheater kennt man in gesamt Deutschland und kam ja ursprünglich aus Österreich. Der Kasper kam durch verschiedene Schausteller über den Jahrmarkt nach Deutschland.
Puppenspielen ist für mich eher ein Hobby, als ein Beruf. Zu dem Thema habe ich ein großes Archiv mit vielen Exponaten, wie Schallplatten, Büchern und vielem mehr.

Redaktion: Wer erstellt die Puppen?

Stefan Hoppe: Die ersten habe ich früher selber gebaut, aber ich hab sie nicht so hinbekommen, wie ich wollte. Jetzt werden die so wie ich sie möchte in Rhön (Bayern) für mich hergestellt.

Redaktion: Wie lange machen Sie das schon und wie lange haben Sie vor das weiter zu führen?

Stefan Hoppe: Ich war nachweislich der jüngste Puppenspieler in Deutschland, da gibt es auch einen Zeitungsartikel. Allerdings möchte ich nicht der älteste sein, aber wenn die Kinder zu mir kommen und sagen „Hey, Alter, das war eine geile Show!“, so lange will ich auch das Puppentheater spielen, natürlich wenn es auch meine Gesundheit mitmacht.

Redaktion: Was haben Sie für ein Gefühl wenn Ihnen zig Kinder vor Ihrem Theater setzen und Ihnen folgen?

Stefan Hoppe:  Ein Gutes. Ein sehr gutes Gefühl. Wenn ich merke, dass das Publikum mitmacht, da spiele ich länger und intensiver, da hab ich richtig Lust drauf! Da freue ich mich immer und jeder hat seinen Spaß.

Redaktion: Was oder wann war ihr bestes und schönstes Erlebnis?

Stefan Hoppe: Oh! Da gibt es viele! Ich war damals wieder unterwegs, zwar auch auf Tournee aber eben privat und wollte mir ein Bild von einem Freizeitpark machen, so in der Größenordnung wie der Europa-Park in Rust, weil ich diesen Park noch nicht kannte. Ich hatte Glück und es sollte ein Puppenspieler gastieren. Während der Zaubervorführung, welche vor dem Puppentheater stattfand, bemerkte ich eine Unruhe auf der Bühne. Ich bin zum Veranstalter und habe ihn darauf angesprochen. Er sagte mir, dass der Puppenspieler soeben abgesagt hat und man nicht weiter weiß. Daraufhin sagte ich, dass ich Puppenspieler sei, mein komplettes Equipment dabei habe und einspringen könne. Der Veranstalter war einverstanden, wenn der Zauberer fertig ist, kann ich einspringen. Nachdem ich dann meine Bühne geholt habe, sah ich erst, dass da über 2000 Leute in dieser Arena sitzen und darauf warten mich zu sehen. Da dachte ich mir: „Scheibenkleister, was hab ich mir nur da angetan?!“ Ich hab ein Lampenfieber gehabt – dann habe ich meine  Ansage erhalten und dann stand ich hinter meiner Bühne und gleichzeitig in meinem Element. Aber wenn über 2000 Leute nach dem Kasper schreien – das war der Wahnsinn für mich! Das war so ein mega Erlebnis das vergisst man einfach nicht!

Nach der Aufführung wollte mich der Veranstalter weiterhin buchen, allerdings war es von der Entfernung zu weit.

Noch ein weiteres schönes Erlebnis zum Beispiel, da bin ich mit meinem Auto in einem kleinen Dörfchen liegen geblieben. Daraufhin bin ich zum Gasthof gelaufen und fragte, ob ich mit dem Kasper her kommen kann? Nach Absprache durfte ich am selben Tag um 15 Uhr eine Aufführung spielen. Es war richtig heiß draußen und ich wusste nicht, wie ich es bekannt machen soll. Dann habe ich kurzfristig ein paar Zettel fertig gemacht, bin von Haus zu Haus und zu den Schulbussen gelaufen und habe diese verteilt. Kurz vor 15 Uhr schaute ich in den Saal, es war keiner da und dann 10 Minuten vor Beginn kamen dann ca. 60 Leute in den Saal.
Eine Frau kam dann zu mir und sagte „Sie können anfangen!“
Daraufhin meinte ich, dass es noch 5 Minuten bis 15 Uhr sei.
Die Frau entgegnete dann: „Da können keine Kinder mehr kommen, die sind alle hier! Ich kenne alle die Kinder aus dem Dorf“.

Da hatte ich wieder Geld, konnte tanken und bin Heim gefahren. Das sind so Sachen, die vergisst man nicht, auch wenn es jetzt 30 Jahre her sind. Aber es war mir immer eine Freude und hat mich glücklich gemacht.


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